So, heute will ich mal mit sämtlichen Vorurteilen und Misskonzepten zur Gebärdensprache und Gehörlosigkeit aufräumen. Falls Euch noch weitere einfallen, dann schreibt sie einfach in den Kommentar, werde die dann noch einarbeiten.
1. Gebärdensprache ist doch gar keine „richtige“ Sprache.
Falsch. Gebärdensprache hat sich unabhängig von der Lautsprache natürlich unter den Gehörlosen entwickelt. Sie hat eine Grammatik und eine festgelegte Struktur, denen alle Gehörlose natürlich und unbewusst folgen. Jeden Gedanken und jedes abstrakte Konzept kann man in Gebärdensprache vollwertig ausdrücken. Die Gebärdensprache hat eine ihr eigene Geschichte und eine eigene Kultur. Alles Merkmale die sie zu einer „richtigen“ Sprache machen. Somit wurde folgerichtig am 1.Mai 2002 die Gebärdensprache als eigenständige Sprache anerkannt, auch wenn sich bei den Menschen im Allgemeinen die Auswirkungen dieses Gesetzes nur langsam durchsetzen.
Eines ist die Gebärdensprache allerdings nicht; sie ist keine Schriftsprache. Es existieren zwar Ansätze zu einer Gebärdenschrift, teilweise wird diese auch in Schulen gelehrt, bis heute findet sie aber keine größere Verbreitung. Das einfachste und effektivste Medium Gebärdensprache dauerhaft festzuhalten, ist die Videotechnik.
2. Ist Gebärdensprache international?
Nein. Jedes Land hat seine eigene Gebärdensprache. So hat die Schweiz die Schweizerdeutsche-Gebärdensprache (SDGS) und Österreich die Österreichische Gebärdensprache (ÖGS). Selbst innerhalb Deutschlands gibt es diverse Dialekte die sich unterschiedlich stark voneinander unterscheiden.
Jetzt sagen viele Hörende: Aber das wär doch viel praktischer wenn alle dieselbe Gebärdensprache benutzen würden! Aber anders herum gefragt wäre das doch auch praktisch wenn alle Hörenden dieselbe Sprache benutzen würden, oder? Ist aber nunmal nicht so. Schließlich haben sich die Sprachen vor tausenden Jahren komplett verschieden entwickelt. Genauso haben die ersten Gehörlosen vor hunderten Jahren angefangen miteinander zu Gebärden ohne sich erst weltweit mit allen abzusprechen. So haben sich im Laufe der Zeit in jedem Land eigenständige Gebärdensprachen entwickelt.
Aber, das heisst nicht dass Gehörlose aus verschiedenen Ländern nicht doch problemlos kommunizieren können. Ich versuch dieses Phänomen mal zu erklären: Angenommen wir haben einen GL aus Deutschland, einen aus Südamerika, einen aus Afrika und einen aus China, die sich vorher noch nie gesehen haben. Innerhalb kürzester Zeit werden sie in der Lage sein sich auszutauschen und werden sich den ganzen Abend noch angeregt unterhalten. Widerspricht sich das denn jetzt nicht mit der ersten Aussage, dass die Gebärdensprachen komplett verschieden sind? Nein, denn die Gehörlosen sprechen im internationalen Umgang nicht ihre eigene Landes-Gebärdensprache. Im internationalen Kontext greifen Gehörlose auf viele pantomimische Elemente zurück, wodurch sie sich verständlich machen können. Schließlich haben sie ihr ganzes Leben lang schon versucht Hörenden, die keine Vorstellungskraft haben, Dinge pantomimisch klar zu machen. Andersherum haben Gehörlose auch eine phänomenale Gabe zu Kombinieren und Schlußzufolgern. Demzufolge wird ein Gehörloser im Ausland mit einem anderen Gehörlosen viel schneller und besser ins Gespräch kommen, als ein Hörender.
3. Was ist DGS und LBG?
DGS ist die Abkürzung für Deutsche Gebärdensprache, eine anerkannte vollwertige Sprache, die von den Gehörlosen in Deutschland verwendet wird.
LBG ist die Abkürzung für Lautsprachbegleitendes Gebärden und ist keine Sprache. Es ist eine Anreihung von Gesten/Gebärden in Zusammenhang mit einem deutlich ablesbaren Mundbild, das strikt dem Muster der Deutschen Lautsprache folgt. Gehörlose verwenden untereinander keine LBG. LBG findet hauptsächlich Verwendung im Dolmetschen für Spätertaubte, die keine oder kaum DGS können. In speziellen Fällen ist LBG bei Fachvorträgen hilfreich, um dem Gehörlosen (der eine gute Lautsprachkenntnis haben muss) die genaue Formulierung des Redners 100{0e95bb96867a853036ac239ac2666f8f8399d86bbf289324ce1718be56fd8066} zu bieten
Falls du vor hast einen Gebärdensprachkurs zu belegen, um in Zukunft mit Gehörlosen zu komminizieren, kann ich dir nur raten einen DGS Kurs zu besuchen.
Hier geht es weiter:
Deutschlandkarte mit Verzeichnis aller Gebärdensprachkurse